Die ersten Nachkriegsjahre der Tschechoslowakischen Republik waren stark von der Wohnungsnot geprägt. Hauptsächlich waren die Städte mit großen Industriebetrieben betroffen, dazu zählte auch Litomyšl - eine Stadt mit kleinen Handwerksbetrieben, Schulen und Büros. Die Gemeinde musste gleich zu Beginn der 1920er mit der Behebung der misslichen Lage beginnen und ließ 1921–1922 nach dem Projekt des Prager Architekten Bohumil Hübschmann das erste städtische Wohnhaus für ihre Angestellten im neu errichteten (repräsentativen) Masaryk-Viertel bauen.
Das dreistöckige Haus mit einem traditionellen Walmdach wurde als „Point-de-vue“ an einer neuen Granittreppe errichtet, die das historische Zentrum mit dem Masaryk-Viertel verbindet und damit zu einem der wichtigsten Wahrzeichen wurde. Obwohl das Haus in einem leicht abfallenden Gelände liegt und die Hauptstraße entlang der Fassade verläuft, betonte Hübschmann die Straßenfront nicht wesentlich. Den Hauseingang situierte er in einem kleinen Anbau an der Rückfassade, gekennzeichnet durch ovale Fenster (sog. Ochsenaugen) und segmentierten Fenster.
Die bescheiden gestaltete Fassade des Gebäudes spiegelt den Einfluss des kultivierten Schaffens des Hübschmann-Lehrers Otto Wagner von der Wiener Akademie der bildenden Künste wider. Der Architekt kleidete das Haus in einen klassizistischen Mantel, der durch ein geometrisches „Gitter“ gegliedert ist, das regelmäßig mit plastischem Rhombus Formen besetzt ist. Hübschmann wiederholte das gleiche Motiv im zweiten Stock. Von den weißlichen Untergeschossen unterscheidet sich dieser Bereich jedoch sowohl durch ihre ockerfarbene Farbe als auch durch das subtil konzipierte Gitter. Eine ähnliche architektonische Lösung entwarf Hübschmann im folgenden Jahr auch für die Gebäude der Angestelltenkolonie des Zentralkraftwerks im nordböhmischen Ervěnice.
Das Haus konzentrierte geräumige Zwei- und Dreizimmerwohnungen mit Zubehör und selbst bis heute befindet es sich noch in einem guten, gepflegten Zustand, ohne die ursprüngliche architektonische Lösung zu stören.
AŠ