Eine der größten, teuersten und architektonisch mutigsten Realisierungen der Zwischenkriegszeit in Litomyšl war das Gebäude der Masaryk-Landesindustrieschule, das auf einem repräsentativen erhöhten Grundstück über dem Smetana-Haus (02-402) errichtet wurde. Nach dem Projekt des Prager Architekten Karel Tymich wurde es in den Jahren 1926–1929 von der Firma von František X. Čtrnáctý aus Prag realisiert. Unmittelbar nach dem Abschluss der Bauarbeiten wurde das Gebäude zum Zentrum und zum Hauptwahrzeichen der gerade laufenden Landschaftsausstellung Ostböhmens, die im Sommer 1929 in Litomyšl veranstaltet wurde. Dann gab es noch einige Handwerksarbeiten und Gerätelieferungen, so begann der Unterricht erst im Schuljahr 1930/1931.
Karel Tymich, Spezialist für Projekte öffentlicher Gebäude und Anhänger des Funktionalismus und Neoplastizismus in der Architektur, entwarf einen umfangreichen und formverschiedenen Komplex, in dessen Eingangstor Skulpturen einer Allegorie der Industrie von Jaromír Mára standen. Er versah das Gebäude mit einer puristischen Fassade, die die Flächen aus sauberem Glattputz und kontrastierendem groben Mauerwerk kombiniert. Im linken Teil des Komplexes befindet sich das eigentliche Gebäude der Schule mit den Klassenräumen, Büros, einem Lehrerzimmer und einer Direktorenwohnung, die aus kaskadierenden „schachtelartigen“ Modulen besteht. Im rechten Teil des Komplexes platzierte der Architekt ein Werkstattgebäude mit freiliegenden industriellen Dachoberlichtern, das vom Hauptgebäude durch einen überdachten Durchgang zugänglich ist.
Der kompromisslose Stilwandel hin zum rationalen Konstruktivismus war zu jener Zeit in Litomyšl präzedenzlos. Das Laien- und Fachpublikum würdigte den modernen, dritten Schulneubau im Masaryk-Viertel, trotzdem schwiegen alle zeitgenössischen Architekturzeitschriften darüber, obwohl Tymich zum Kreis der Schöpfer um die progressive Zeitschrift Stavba (Bau) gehörte. Aber zumindest rückblickend lobten ihn positiv die Historiker von Litomyšl, Zdeněk Nejedlý und František Lašek, die seine „schöne konstruktive Gliederung, gereinigt von allen nutzlosen Ornamenten“ und auch die Verwendung von grundlegenden geometrischen rechteckigen und geradlinigen Elementen schätzten.
Im Interieur der Schule wurden einige authentische Elemente und Ausstattungen erhalten (die Eingangshalle der Direktorenwohnung mit den originalen Einbaumöbeln, Täfelung und Beleuchtung des Lehrerzimmers, sowie einige Hörsäle und Werkstatteinrichtungen blieben erhalten). Heutzutage steht das Gebäude zu Recht unter dem Denkmalschutz.
AŠ